Hydra, das längste und größte der 88 Sternbilder, ist in diesem Sommer am Nachthimmel über Hamburg zu sehen. Das kleine Amphitheater des Stadtparks wird zum Schauspiel der Sterne: Farbige Betonsphären – gegossen aus gebrauchten Bällen verschiedenster Spiele – spiegeln die Position der Hydra und der sie umgebenden Sternbilder.

Als versteinerte Relikte unserer Gegenwart verkörpern sie die sozialen und kulturellen Bindungen, die im Spiel entstehen. Zugleich verweisen sie auf die Weite der Galaxien, in denen sich diese Beziehungen entfalten, und schlagen so eine Brücke zwischen dem Kosmos und dem Gemeinwesen.
Die Farben der Betonkugeln beziehen sich auf das Morgan-Keenan-Klassifizierungssystem für Sterne, das diese nach ihrem Alter und ihrer Temperatur einstuft. Alphard, der orangefarbene Riese, ist der größte Stern im Sternbild Hydra und 177 Lichtjahre von der Erde entfernt.

In der Mythologie ist die Hydra ein Ungeheuer, eine neunköpfige Wasserschlange, deren einer Kopf unsterblich ist. Für jeden abgeschlagenen Kopf wachsen ihr zwei neue – so wird sie nahezu unbesiegbar. Die Köpfe stehen für Kampf, Widerstandskraft und Regeneration, aber auch für die menschlichen Laster, die es zu überwinden gilt.

In ihrer Himmelsgestalt wird die Hydra jedoch nur mit einem Kopf dargestellt–dem unsterblichen. Hier wird sie überdies mit der Geschichte der sogenannten Hamburger Hydraverknüpft. Im Jahr 1735 versteigerte der Bürgermeister der Stadt das, was angeblich die Überreste einer Hydra sein sollten – ein außergewöhnlicher Fund, der die Fantasie der Öffentlichkeit beflügelte, bis der schwedische Wissenschaftler Carl Linnaeus das Exemplar als Fälschung entlarvte. Die Installation erinnert an diese historische Täuschung und an das kontrastierende Streben nach Wahrheit und Fair Play inner halb sich wandelnder persönlicher, gesellschaftlicher und kosmischer Narrative.


Heidi Voet wurde 1972 in Belgien geboren und lebt zwischen Brüssel und Taipeh.

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