„Ein Mann, bewandert in allen Disziplinen, neugierig auf jedes Geheimnis, Vater von Schriften, Sprachen, Utopien, Mythologien, Wanderer durch Höllen und Himmel.“ So schrieb einst Jorge Luis Borges über Xul Solar, seinen Künstlerfreund und Landsmann. Solar (1887-1963) war ein visionärer argentinischer Maler, Bildhauer, Schriftsteller, Astrologe und Erfinder imaginärer Sprachen. Er nahm eine „außerirdische Identität“ an, indem er die Nachnamen seiner Eltern abwandelte: Xul, von lux (Licht) rückwärts geschrieben; Solar, nachdem Nachnamen seiner Mutter, als Anspielung auf die Sonne.

Im letzten Jahrzehnt seines Lebens entwarf Xul Solar ein Tarot-Deck (1954), das aus 24 Karten bestand: zwölf Große Arkana und zwölf Tierkreiszeichen, mit denen er die Archetypen menschlicher Existenz neu interpretierte. In die klassischen Figuren des Tarots integrierte er sein Wissen über Astrologie, Numerologie und verschiedene okkulte Systeme; auch Einträge aus seinem Tagebuch und astrologische Berechnungen flossen ein. Die Karten ordnete er nach vier Elementen und Farben: Blau für Luft, Gelb für Erde, Rot für Feuer und Grün für Wasser.

Tarot, das seit dem 15. Jahrhundert zur Deutung von Zukunft und Schicksal herangezogen wird, kann auch als Initiation in das eigene Selbst verstanden werden – oder, wie es die Romani-Gelehrte Ethel Brooks ausdrückt, als eine Form der Psychoanalyse, noch bevor es die Psychoanalyse gab, als eine Möglichkeit, einander zu lesen. Traumsymbole, die ins Unbewusste vordringen, oder archetypische „Bilderfahrzeuge“ (nach Aby Warburg) sollen uns dabei unterstützen, jene innere Ruhe oder geistige Ausgeglichenheit zu finden, die für ein gewaltfreies Leben auf und mit dem Planeten notwendig sind.


Xul Solar (1887-1963) war ein argentinischer Künstler. Er kam 1924 auf seiner Rückreise von Europa nach Südamerika durch Hamburg.

Mit Unterstützung der Fundación Pan Klub – Museo Xul Solar in Buenos Aires und der Fundación Ama Amoedo.

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