Gegenöffentlichkeiten
Der Begriff der Gegenöffentlichkeiten bezieht sich auf eine kritische Haltung gegenüber der normierten, etablierten Definition dessen, was eine Öffentlichkeit ausmacht. Robert Asen argumentiert, dass Gegenöffentlichkeiten nicht einfach eine Alternative zu normalen Öffentlichkeiten darstellen, sondern „explizit artikulierte Alternativen zu den breiteren Öffentlichkeiten, die die Interessen potenzieller Teilnehmer ausschließen." [1] Michael Warner argumentiert, dass Gegenöffentlichkeiten, weil sie im Zusammenhang des expliziten Konflikts mit kulturellen Normen entstehen, die ihrerseits die Realität verfälschen, „ebenso wie Massenöffentlichkeiten … eine geschädigte Form von Öffentlichkeit sind, genau wie Gender und Sexualität in dieser Kultur geschädigte Formen des Privaten sind.“ [2] Dies erlaubt Gegenöffentlichkeiten, der Unterdrückung durch normative Ideale zu entgehen, macht sie aber auch anfällig für die gleiche Kurzsichtigkeit, wie sie im vorherrschenden öffentlichen Bereich zu finden ist. Allerdings – wie Nancy Fraser im Rückgriff auf das Konzept des Subalternen, der untergeordneten sozialen Gruppen, zeigt, um den Gedanken der „subalternen Gegenöffentlichkeiten“ artikulieren – besteht die Stärke der Gegenöffentlichkeiten in ihrer Fähigkeit, alternative diskursive Räume zu schaffen, die den öffentlichen Bereich erweitern. Subalterne Gegenöffentlichkeiten, ob fortschrittlich (Frauen, Arbeiter, ethnische Minderheiten LGBTQ-Gemeinschaften) oder rückschrittlich (Abtreibungsgegner, Waffenlobby, weiße Suprematisten), schaffen Raum für die Artikulation von Anliegen, die den subalternen Gruppen eigen sind und ebenso für die Entwicklung einer Terminologie und eines Diskurses, die dem dominierenden öffentlichen Diskurs entgegenwirken kann. [3]
Autorin: Patricia Reed
[1] Robert Asen, Seeking the ‘Counter’ in Counterpublics, in: Communication Theory 10, Heft 4 (November 2000), S. 425.
[2] Michael Warner, Publics and Counterpublics, New York: Zone Books, 2002, S. 63.
[3] Mark Murphy, Nancy Fraser on subaltern counter publics, in: Social Theory Applied, veröffentlicht am 24. April 2017. [Online lesen]